Virenangriff auf die Leber – Hepatitis
Sie lauern in verunreinigten Lebensmitteln und werden beim Sex übertragen – Viren, die zu einer Leberentzündung, der Hepatitis, führen können. Gelbsucht oder sogar Leberkrebs sind möglich. Nicht alle Hepatitisviren sind gleich gefährlich. Vor einigen kann man sich durch richtiges Verhalten oder Impfen schützen.
Die Hepatitisviren lassen sich nach dem Ansteckungsweg in zwei Gruppen einteilen: Hepatitis-A und E werden durch Viren übertragen, die mit verseuchten Nahrungsmitteln und Wasser in den Körper gelangen. Die Hepatitis-Viren B, C und D werden durch Blut, bei der Geburt und teilweise auch durch andere Körperflüssigkeiten wie Sperma übertragen.
Hepatitis A als „Reisemitbringsel“
Hepatitis-A-Viren sind in vielen Urlaubsregionen wie Afrika und Asien weit verbreitet. Die Einheimischen tragen die Viren im Darm, sind selbst aber durch ihr Immunsystem vor einer Erkrankung geschützt. Anders ist die Situation bei Reisenden, deren Immunsystem dem Virus noch nie begegnet ist. Über Verunreinigung der Nahrung mit Fäkalien gelangen die Viren in den Körper des Urlaubers. Dieser hat keinen Immunschutz und erkrankt am Virus.
Um den Kontakt mit den Viren zu verhindern, gilt für Urlauber das Motto: Peel it, boil it or forget it – schäl es, koch es oder vergiss es. Denn die Mikroorganismen werden durch Hitze beim Kochen getötet oder mit dem Schälen entfernt. Vorsicht ist bei allen Lebensmitteln geboten, die weder gekocht noch geschält werden können. Besonders gefährdete Lebensmittel sind Muscheln, Salat und Obst. Oft vergessen wird das Wasser, besonders beim Zähneputzen oder in Eiswürfeln. Daher sollte man sich im Urlaub in gefährdeten Gebieten die Zähne mit Mineralwasser putzen und auf Eiswürfel verzichten. Vorsicht auch bei Badewasser: es sollte nicht verschluckt werden. Auch Hepatitis E wird über Fäkalien übertragen. Dieser Virus ist wesentlich seltener, führt aber häufiger zu Komplikationen.
Gegen Hepatitis A gibt es eine Schutzimpfung. Das Prinzip: ein abgeschwächter Erreger wird in den Muskel gespritzt. An diesem „Trainingspartner“ lernt das Immunsystem den Feind, in diesem Fall das Virus, kennen. Kommt man später mit dem krankmachenden Mikroorganismus in Kontakt, kann ihn das Immunsystem sofort bekämpfen. Der Impfschutz ist zwei Wochen nach der Hepatitis A-Impfung aufgebaut, bei einer Wiederholung erreicht man lebenslangen Schutz. Aber auch kurz vor Last-Minute-Reisen ist es möglich, sich zu schützen. Allerdings bietet die „Impfung“ dann nur einen zeitlichen begrenzten Schutz.
Manche Krankenkasse übernehmen die Kosten für Reiseimpfungen. Medizinisches Personal oder Reinigungskräfte, die beruflich mit diesem Erreger in Berührung kommen könnten, können sich auf Kosten des Arbeitgebers impfen lassen.
Hat man sich dennoch mit Hepatitis A infiziert, kann sich die Leber entzünden. Die Folgen sind allgemeines Müdigkeitsgefühl, Fieber und Schwäche. Äusserlich sichtbar ist die mögliche Gelbsucht. Weil die Funktion der Leberzellen gestört ist, können sie den roten Blutfarbstoff nicht mehr ausreichend abbauen. Haut und Augäpfel färben sich gelblich. Hepatitis A heilt fast immer folgenlos aus. Die Heilung wird unterstützt durch den Verzicht auf Alkohol.
Hepatitis B – ansteckender als AIDS
Hepatitis B ist eine der häufigsten Infektionskrankheiten, weltweit schätzt man die Zahl der chronisch infizierten auf über 300 Millionen. Etwa fünf bis sieben Prozent der Deutschen sind infiziert. Die Infektion erfolgt vorwiegend über Sexualkontakte und über Blutprodukte. Der Hepatitis B-Virus wird auf dem gleichen Weg wie der gefürchtete Erreger von AIDS, das HI-Virus übertragen, nämlich durch Blutkontakt und durch ungeschützten Geschlechtsverkehr. Aber der Hepatitis B-Virus ist viel aggressiver. Der Krankheitsverlauf der Hepatitis B reicht von Symptomfreiheit bis zu schweren, chronischen Verläufen mit Gelbsucht.
Auch gegen den Erreger von Hepatitis B ist eine Schutzimpfung möglich. Bei Kindern und Jugendlichen ist diese bereits in die allgemeinen Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission STIKO aufgenommen worden. aber auch Erwachsene sollten sich impfen lassen. Die Reaktion des Immunsystems ist bei jedem Menschen unterschiedlich stark. Für einen langfristigen Schutz sind meistens drei Impfungen innerhalb eines Jahres ausreichend. Auch eine Kombinationsimpfung gegen Hepatitis A und B ist möglich.
Bei Erwachsenen wird jede zehnte Infektion mit dem Hepatitis B-Virus chronisch, besteht also länger als sechs Monate. Bei Kindern liegt diese Rate bei 90 Prozent. Die chronische Hepatitis B hat einen schlechten Krankheitsverlauf. Innerhalb von fünf Jahren sterben 14 Prozent der Infizierten, zehn Prozent entwickeln eine Leberzirrhose mit Funktionseinbußen, auch das Risiko für Leberkrebs wird um bis zu 200mal größer.
Hepatitis D – selten aber gefährlich
Über Hepatitis D ist noch relativ wenig bekannt. Sie ist die seltenste Form der Leberentzündung, führt aber mit der höchsten Wahrscheinlichkeit zum Funktionsverlust der Leber. Sie kann den Menschen nur zusammen mit einem Hepatitis B-Virus befallen, nicht alleine. Der Übertragungsweg entspricht der Hepatitis B, Hepatitis D-Viren kommen vor allem in Reisegebieten vor. Eine Impfung gibt es zur Zeit noch nicht.
Hepatitis C ist die häufigste Ursache für Leberkrebs
Weltweit sind 170 Millionen Menschen mit Hepatitis C infiziert, das sind viermal mehr als bei dem Immunschwächevirus HIV. Rund 330 000 Deutsche, das sind etwa 0,4 Prozent der Bevölkerung, tragen den Hepatitis C-Virus in sich. Weltweit sterben täglich mehr Menschen an den Folgen einer Hepatitis C als in einem ganzen Jahr an AIDS. Das Virus ist im Blut, aber auch in anderen Körperflüssigkeiten wie Speichel oder Sperma enthalten. Die häufigsten Ansteckungswege sind Bluttransfusionen und Kontakte mit verseuchten Spritzen in der Drogenszene oder bei medizinischen Arbeiten. Auch Patienten, die auf eine Dialyse angewiesen sind oder Bluter haben ein erhöhtes Risiko, so sind zwei von fünf Dialysepatienten und neun von zehn Blutern infiziert.
Auch Hepatitis C-Viren werden über Blut übertragen, im Gegensatz zu B und D aber nicht beim Sexualakt. Das Risiko der Übertragung durch Tätowierung und Piercings ist noch nicht geklärt. Mütter können ihre Kinder während der Schwangerschaft oder bei der Geburt anstecken. Hepatitis C-Viren sind die häufigste Ursache für Leberkrebs. 50% bis 80% der Infektionen werden chronisch. Die Symptome sind mild. Müdigkeit, Oberbauchbeschwerden, Leistungsverminderung, Juckreiz und Gelenkbeschwerden treten auf. Eine Gelbsucht ist eher selten.
Da Bluttransfusionen der häufigste Weg einer Infektion sind, werden bei Blutspendern strenge Kontrollen angelegt. Seit 1992 werden Blutkonserven auf Hepatitis C-Viren getestet, daher nimmt die Zahl der Neuinfektionen über Bluttransfusion ab. Nachteilig ist, dass ein Blutspender den Virus zwar in sich tragen kann, dieser im Labor aber noch nicht nachweisbar ist. Daher wird das Blut ein halbes Jahr lang eingefroren und der Spender nach dieser Zeit nochmals getestet. Sind beide Tests negativ, wird das Blut verwendet. Hepatitis C gehört wie die anderen Virus-Lebernetzündungen zu den meldepflichtigen Krankheiten.
Behandlung mit Interferon…
Eine bestehende Hepatitis wird mit Interferonen oder falschen Bausteinen („Antimetabolite“, siehe unten) behandelt. Interferone sind natürlich Botenstoffe, die eine mit einem Virus befallene Zelle freisetzt. Durch sie werden umliegende Zellen vor weiteren Virusinfektionen abgeschirmt. Gegen Hepatitis werden in Deutschland vor allem alpha-Interferone eingesetzt. Ihr Nachteil ist, dass sie sehr schnell vom Körper abgebaut werden. Weiterentwicklungen, beispielsweise Peginterferon, werden langsamer abgebaut und sind deshalb gegen die Viren stärker wirksam. Die Therapie wird erleichtert, weil nur noch einmal statt dreimal wöchentlich gespritzt werden muss.
Nach der Gabe von Interferonen leiden viele Patienten an grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Gelenk- und Gliederschmerzen, Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit. Haarausfall tritt bei jedem fünften Patienten auf. Viele klagen auch über Schlafstörungen. Die Nebenwirkungen der Interferone können durch die Kombination mit dem „falschen Baustein“ Ribavirin gemildert werden.
…und falschen Bausteinen
Falsche Bausteine („Nukleosidanaloga“) ähneln den Bausteinen, aus denen die Erbanlagen aufgebaut sind. Werden für den Bau der Erbanlagen die falschen Bausteine statt der körpereigenen Substanzen verwendet, kann sich die Zelle nicht mehr teilen. Erwünschte Folge ist, dass sich keine neuen Viren mehr bilden können.
Derzeit werden neben dem schon erwähnten Ribavirin die falschen Bausteine Famciclovir und Lamivudine eingesetzt. Sie führen meist aber nicht zu einer Heilung; sondern lindern nur den Krankheitsverlauf. Sie werden daher vor allem bei Patienten eingesetzt, die bereits an einem Leberschaden leiden oder deren Immunsystem, etwa nach Organtransplantationen, geschwächt ist. Eine Kombination mit den Interferonen ist möglich.
Die letzte Therapiemöglichkeit ist die Lebertransplantation. Im Jahr 2000 wurden in Deutschland 691 Organe verpflanzt, etwa tausend Spenderorgane wären insgesamt benötigt worden.